Der Brauch ist uralt, vermutlich geht er auf heidnische Zeiten zurück und wurde im Frühmittelalter „christianisiert“: Zu Mariä Himmelfahrt bindet man vor allem in Süddeutschland so genannte Kräuterbüschel, auch Kräuterbuschen oder Kräuterwisch genannt, aus Heilkräutern Die Faustregel: Die Zahl der verwendeten Kräuter sollte ein Vielfaches der Drei (der Zahl der göttlichen Dreifaltigkeit), der Sieben (schon immer eine magische Zahl) oder der Zwölf (Zahl der Apostel) sein. In Bayern und Baden-Württemberg werden diese Kräuterbüschel am 15. August, dem Tag von Mariä Himmelfahrt, in der Kirche geweiht. Danach werden sie getrocknet und aufbewahrt als „Apotheke“ für den Winter, aber auch als magische „Waffe“ zur Abwehr von Blitzschlag, von Unglück und von Seuchen im Stall. Mancherorts mischte man die Kräuter ins Viehfutter, um die Tiere gesund zu erhalten. Mit Mariä Himmelfahrt ist dieser Brauch auch deshalb verbunden, weil die Legende besagt, dass die Apostel, als sie nach ihrem Tod ihr Grab besuchten, keine Leiche mehr vorfanden, sondern duftende Blumen und Heilkräuter. Aber vielleicht hat der Sammeltermin auch einen praktischen Grund: Jetzt, im Spätsommer, sind viele Heilkräuter erntereif, allen voran der strahlendgelbe Alant, der zusammen mit der Königskerze Mittelpunkt jedes Kräuterstraußes ist.
Sehr viele Kräuter, die in einen Büschel gehören, wachsen in jedem Garten: Rosen gegen leichten Durchfall, Kapuzinerkresse gegen Blasenentzündung, Kamille für Haut und Schleimhäute, Ringelblumen für die Haut, Rosmarin gegen niedrigen Blutdruck, Malven, Thymian und Königskerzen gegen Husten. Andere findet man bei jedem Spaziergang: Frauenmantel gegen Frauenleiden, Spitzwegerich gegen Mückenstiche und bei Husten, Nachtkerzen, deren Öl bei Neurodermitis hilft, Beinwell, aus dem sich eine Salbe gegen Verstauchungen und Zerrungen machen lässt (Bilder und Beschreibungen finden sich auf Instagram unter www.instagram.com/telgengrund/ . Wer mag, kann auch einige Getreidehalme in den Kräuterbüschel stecken – Symbol für das tägliche Brot.